Namibia

Extrem heiße Temperaturen bei der Premiere "Transnamib"

 

200 Km in 9 Etappen waren zu bewältigen

 

 

 

Es gibt nur wenige Länder auf dieser Erde, in denen solch vielfältige und bezaubernd schöne Landschaften nebeneinander liegen wie in Namibia. Und wer aus dem engen Mitteleuropa kommt, den wird die Weite Namibias zunächst verunsichern. Straßen, meist sind es staubige Pisten, ziehen sich bis zum Horizont, und wenn dieser erreicht ist, sieht immer noch alles so aus wie vorher. Man hat das Gefühl zu stehen. Doch stehen geblieben sind Susanne und ich nicht beim Transnamibia-Laufabenteuer. Ganz im Gegenteil. Wir bewältigten im Lauftempo in neun Etappen rund 200 Kilometer in den abgelegendsten Landstrichen zwischen den Ausläufern der Namib und der Kalahari-Wüste.

 

Auf unserem 19-tägigen Trip hatten wir nicht nur sportlich viel erlebt, sondern auch hautnah das Leben der seminomadischen Himba kennengelernt, die in einer der letzten grandiosen Urlandschaften Afrikas leben wie im letzten Jahrtausend. Ein weiterer Höhepunkt unserer Tour war der Etosha-Nationalpark, der aufgrund seiner Lage und Ausdehnung zu den schönsten Naturschutzgebieten der Welt zählt.

 

 

 

Während es für mich schon der 28. Abenteuerlauf weltweit war, schnupperte Susi zum ersten Mal überhaupt Abenteuerluft. Und diese Luft war heiß, extrem heiß: 52 Grad in der Sonne bringen den menschlichen Organismus schnell ans Limit der körperlichen Leistungsfähigkeit.

 

 

 

Die Geschichte ist spannend und erzählt von besonderen Begegnungen mit den Einheimischen, von ungenießbaren Essen und dem Gedanken, den Lauf vorzeitig zu beenden und von vielen interessanten Begebenheiten im Land der Herero und San.

 

 

 

Bereits an sieben Wüstenläufen habe ich schon teilgenommen und dabei über 1200 Kilometer zurückgelegt. Jetzt machte ich mich mit Susanne Schubert auf den 200 Kilometer langen Weg durch Namibia:

 

Nur ein Tag blieb uns Zeit zur Akklimatisation in Windhuk, der Hauptstadt von Namibia und einzigen Universitätsstadt des Landes. Am folgenden Tag setzte sich vormittags der Konvoi, bestehend aus vier allradgetriebenen Bussen, mit einem 1000-Liter-Wassertank im Schlepptau, in nordwestlicher Richtung in Bewegung. Über staubige Pisten rollten die Vehikel durch die Weite Namibias zum Ausgangspunkt des Abenteuerlaufes „Transnamib“. Nach gut siebenstündiger holpriger Fahrt erreichten wir das Abu Huab Camp. Schnell noch das Zelt aufbauen, bevor die Dunkelheit über uns hereinbricht und dann zum Abendessen.

 

Beim Briefing erfahren wir, dass die erste Etappe ohne Zeitnahme durchgeführt wird, da noch einige Teilnehmer wegen Flugverspätungen erst zwei Tage später eintreffen.

Etappe eins: Geplant waren 31 Kilometer, die teils

über sandigem und teils über steinigem Terrain verlaufen. Der zweite Verpflegungspunkt,

gleichzeitig auch Wendepunkt, sollte bei Kilometerpunkt 15,5 postiert sein.

Doch nach 15,5 Kilometern war weit und breit keine Verpflegungsstation zu sehen. Kurzerhand wurde der Posten einen Kilometer nach hinten verlegt, wegen eines schattenspendenden Baumes, denn in der prallen Sonne ist es auch für das Betreuerteam kaum auszuhalten. So wurden aus 31 Kilometern schnell mal zwei Kilometer mehr. Es war mörderisch heiß und einige Wüstenläufer hatten auch schon mit Kreislaufproblemen zu kämpfen. Am letzten Verpflegungspunkt, etwa neun Kilometer vor dem Ziel, galt es nochmal den Trinkrucksack mit Wasser bis zum Rand aufzufüllen.

In mein Tagebuch schrieb ich:

„In der Wüste spielt es keine Rolle, ob das Trinkwasser sehr lauwarm ist. Jeder einzelne Schluck dieses kostbaren Elixiers hilft dir schlichtweg zum Überleben.“

 

Die zweite und dritte Etappe führten über Sandpisten, gewürzt mit steinigen Passagen und einigen Aufs und Abs. Diese Etappen waren geprägt von einem gebirgigen Landschaftsbild mit imposanter Fernsicht. Insgesamt haben wir bereits knapp 85 Kilometer zurückgelegt und dabei 630 positive Höhenmeter bewältigt. Die Wüstenläufer setzten sich zusammen aus drei Nationalitäten: außer uns zwei Deutschen waren noch ein Belgier dabei und der Rest Franzosen.

 

Trotz aller Strapazen war Susanne voll begeistert: „Das was ich bisher alles erlebt habe, ist mit Worten gar nicht zu beschreiben, dafür bin ich sehr dankbar.“

 

Ab jetzt wurde es wilder. Die restlichen Etappen fanden im Kaokoland statt, in einem der letzten echten Wildnisgebiete Afrikas. Nach einer dreistündigen Fahrt erreichten wir mittags unser nächstes Camp, schön gelegen in der Khowarib-Schlucht. Am Nachmittag stand die vierte Etappe über 22 Kilometer auf dem Plan, Start um 15.30 Uhr. Doch die permanent hohen Temperaturen, auch die Nächte brachten kaum Abkühlung, forderten jetzt schon ihren Tribut. Und der war, gesehen auf das Teilnehmerfeld, sehr hoch. Von 38 Wüstenläufern haben sich 17 entschlossen, nicht mehr am Wettbewerb teilzunehmen, sondern die Option gewählt, ohne Zeitnahme eine verkürzte Strecke unter die Füße zu nehmen.

 

Auch Susanne und ich diskutierten kurz über die Fortsetzung am Wettbewerb. Nachdem der französische Organisator Serge Morel, „Das ist ein Wüstenlauf, und in der Wüste ist es nun mal heiß“, in die Runde fragte, wer weitermacht, kam von mir eine klare Antwort: „Ja, ich laufe weiter!“ Susanne hat sich ebenfalls für das Weiterlaufen entschieden.

Gemeinsam, wie auch die dritte Etappe, haben wir die 22 Kilometer lange Strecke in Angriff genommen. Es war bisher die schönste aber

auch staubigste Etappe in einem überwältigenden Canyon. Kurz nach dem Start schickte Petrus ein paar weiße Wölkchen ins Firmament und somit war unser größter Gegner, die pralle Sonne, ins Abseits gestellt. Wir fühlten uns, umgeben von einer grandiosen Landschaft, im sprichwörtlichen „bajuwarisch weiß-blauem Himmel“.

Die fünfte Etappe (24 Kilometer) verlief über weite Ebenen auf über-wiegend sandigem Untergrund. Man muss bei solchen Abenteuerläufen mit allem rechnen. Das macht das ganze Unternehmen spannend und unkalkulierbar. Der zweite Verpflegungspunkt sollte bei Kilometerpunkt 14,5 postiert sein. Tatsächlich stand aber die Versorgungsstelle bei Kilo-meterpunkt 19. Seit dem ersten Verpflegungspunkt nach sieben Kilome-tern gab es keine Möglichkeit mehr, Wasser nachzufüllen. Ein Vorteil für diejenigen, die einen Behälter mit viel Fassungsvermögen haben. Für

manchen Läufer wurde dieser Teilabschnitt jedoch zur Durststrecke.

 

Früh morgens immer das gleiche Ritual. Um 6 Uhr aufstehen, ab 6.30 Uhr gab es Frühstück unter freiem Himmel und um 7.30 Uhr mussten alle Teilnehmer startklar sein. Beim Transfer in ein anderes Camp mussten bis dahin auch das Zelt abgebaut und das Gepäck bereitgestellt sein. Manchmal wurde es sogar etwas stressig.

Nach nur zwei Nächten im Khowarib-Camp verließen wir diesen schönen Ort und folgten der Route in nördlicher Richtung nach Opuwo. Die sechste Etappe (22 Kilometer) lag auf dem Weg. Es gab einen kleinen Aufreger während der Fahrt bis zum Startpunkt. Auf steinigem Gelände ist eines der Fahrzeuge stecken geblieben und konnte nur mühsam aus seiner misslichen Lage befreit werden. Zudem gab es auch noch einen Reifenschaden. Diese Panne kostete uns eine gute Stunde Zeit. Das bedeutete für uns Läufer, dass wir der prallen Sonne mit ihrer stärksten Strahlkraft in der Mittagszeit hoffnungslos ausgesetzt sind. Zwischen den Bergen schlängelte sich die Laufstrecke auf steiniger Piste hinaus in eine weite Landschaft mit unendlichen Geraden. Solche Abschnitte sind eine mentale Herausforderung unter schwierigen äußeren Bedingungen. Aber: „Distanz ist, was dein Kopf daraus macht.“ Auch für Susanne lief es optimal und sie freute sich über ihren Etappensieg in der Frauenwertung.

 

Nachdem alle Teilnehmer im Ziel waren und sich einigermaßen erholt hatten, gab es ein leckeres frisches Salatbüfett, und das mitten in ei-ner kargen Wüstenlandschaft.

Kurz bevor wir die Stadt Opuwo erreichten, es war etwa noch eine Dreiviertelstunde zu fahren, ging bei einen der Busse der Sprit aus und das im Nirgendwo. Die Reservekanister waren auch schon leer. Jetzt musste man improvisieren. Leere Wasserflaschen dienten als Behältnisse für den Sprit, der von anderen Fahrzeugen unseres Konvois abgezapft wurde.

Unser Camp in Opuwo lag aussichtsreich hoch über der Stadt gelegen auf einen Hügel. Ein Tag Ruhepause war uns jetzt gegönnt.

Die siebte Etappe (18 Kilometer) führte an Himba-Siedlungen vorbei und war für Susanne ein einschneidendes Erlebnis. Susanne lief mit der Französin Isabelle gemeinsam, als etwa nach zehn Kilometern plötzlich zwei Gestalten aus dem Busch auftauchten. Es waren junge Himba-Männer. „Wir wussten nicht wie wir uns verhalten sollten“, erzählte Susanne. „Sie liefen einfach mit uns und einer fing dann an zu pfeifen. Wir dachten, da kommen jetzt gleich viele Männer aus

dem Busch und hatten schon ein mulmiges Gefühl im Magen. Einer der Männer führte ein großes Messer bei sich und hat es mir dann um den Hals gehängt“, fuhr Susanne fort. Die zwei Männer hatten aber keine bösen Absichten, ganz im Gegenteil. Sie begleiteten unsere zwei Mädels bis in Ziel. Eine Unterhaltung war leider nicht möglich, denn die englische Sprache beherrschten die zwei Einheimischen nicht. Aber im Ziel war ein Dolmetscher vom Staff-Team, der herausbekommen hat, dass diese Himba-Männer auch Läufer sind.

Aus logistischen Gründen fiel die nächste Etappe in der Opuwo-Region aus. Dafür besuchten wir eine Schule und brachten, ganz zur Freude der Kinder, den Stundenplan etwas durcheinander. Für uns ist ein Unterricht unter diesen Umständen und in Blechhütten kaum vorstell-bar. Das muss man mal erlebt und gesehen haben.

Die letzten beiden Etappen verliefen am Kunene-Fluss, ganz im Norden Namibias an der Grenze zu Angola bei den Epupa-Falls. Es war spannend und es gab wieder etwas Aufregung. Das Positive zuerst: Das Camp lag direkt in grandioser Lage mit einem unbeschreiblichen Naturbühnenbild am Kunene-Fluss, auch Krokodil-Fluss genannt, wo wir im Schatten des Palmenwaldes unsere Zelte aufstellten.

 

Der neue Tag fing überhaupt nicht gut an. Ein leicht missmutiger Gesichtsausdruck bei fast allen bedeutete nichts Gutes im wahrsten Sinne des Wortes. Zuerst wusste ich nicht, woran das lag. Doch als ich im Halbschlaf in mein Marmeladen-Toastbrot biss, spürte ich sofort den Geschmack von Petrol in meinem Mund. Das Frühstück war ungenießbar. Trotz Originalverpackung ist das Brot irgendwie mit Petrol kontaminiert worden. Jetzt gab es halt Powerriegel aus dem Eigenbedarf.

 

Trotzdem ließen wir uns die vorletzte Etappe nicht vermiesen und standen gut gelaunt an der Startlinie der 16 Kilometer langen Strecke, die es in sich hatte. Mit 200 positiven Höhenmetern, von der Hitze gar nicht zu reden, und knackigen Anstiegen garniert mit einem anspruchsvollen Trail über den Aussichtsberg von Epupa, war das kein Pappenstiel. Den Lauf gut einteilen, lautete die Devise. Denn am Abend stand ja noch die letzte Etappe über zehn Kilometer im Roadbook.

 

Um solche extreme Herausforderung bestehen zu können, sind mentale Stärke und Leidensfähigkeit Voraussetzung, sonst hat man hier keine Chance. Meist genügen nur banale Tricks um Körper und Geist bei guter Laune zu halten. Da hat jeder so sein eigenes Rezept:

Susanne freute sich immer bei den Verpflegungsstationen und im Ziel auf die leckeren Orangen. „Solche gute Orangen habe ich bisher noch nie gegessen, die schmecken hervorragend“, schwärmte sie.

 

Am Nachmittag fegte ein heftiger Sturm übers Land und wir hatten Glück, dass es keine Schäden an den Zelten gab oder Verletzungen durch herabfallende Palmblattstiele, die rasiermesserscharf sind.

 

Der Startschuss der letzten Etappe erfolgte um 20 Uhr. Im Kollektiv der unterschiedlichen Leistungsgruppen wurde im Schein unserer Stirnlampen die Abschlussetappe bewältigt. Es war ein stimmungsvoller Zieleinlauf: Glückwünsche, Umarmungen, Freudentränen …..

 

Gemeinsam geschwitzt, gemeinsam gelitten, gemeinsam glücklich die Ziellinie überquert – wir sind zu echten Freunden geworden.

Ein hervorragendes Ergebnis erzielte Susanne bei ihrem ersten Wüstentrip. Im Gesamtklassement der Frauen belegte sie einen ausgezeichneten 2. Platz. Zufrieden war auch ich mit meinem sechsten Platz im Gesamtklassement der Männer.

Die restliche Zeit bis zur Abreise verbrachten wir im Ethosa-Nationalpark, der etwa halb so groß ist wie die Fläche der Schweiz. Stundenlang hatten wir die Möglichkeit, vor allem auch in der Dunkelheit, die Tiere zu beobachten: Elefanten, Büffel, Löwen, Leoparden, Nashörner, Zebras, Giraffen …….

Himba-Impressionen

"Namibia haben wir verlassen mit einem Rucksack voll

tollen Erfahrungen und Erlebnissen...….."

Auszug aus dem Gesamtklassement von 37 Teilnehmern:

 

 

Männer:             

1. Dominique Bordet 13:13.19 Stunden (Frankreich)

 

2. Eddy Gustin 13:54.14 Stunden (Belgien)

 

3. Francois Lacassagne 14:24.16 Stunden (Frankreich)

 

4. André Siman 14:40.19 Stunden (Frankreich)

5. Jean Moreau 16:14.53 Stunden (Frankreich)

6. Michael Kraus 16:16.02 Stunden (Deutschland)

.....……..

 

Frauen:                              

1. Catherine Dubois 17:32.21 Stunden (Frankreich)

2. Susanne Schubert 18:23.21 Stunden (Deutschland)

3. Marielle Carmagnolle 19:49.51 Stunden (Frankreich)

.......……

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